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Schreiben macht glücklich

Und was schreibt ihr da so?

Diese, oder ähnliche Fragen, werden mir immer wieder gestellt.

„Na ja, das mit dem Schreiben, das liegt mir nicht so. In der Schule war das immer ein Horror.“

Auch das höre ich oft, wenn ich von Poesietherapie, Journaling, Schreibwerkstatt oder WALD-POESIE spreche.

Pfeif auf die Rechtschreibung

Meine Rechtschreibschwäche hat mir in meiner Schulzeit viele Tränen gekosten. Es wollte und wollte mir nicht gelingen, fehlerfrei von der Tafel abzuschreiben. Wie oft musste ich einen vor Fehler strotzenden Aufsatz neu schreiben. Nur damit die Fehler dann an anderer Stelle auftauchten.

Der Rotstift der Lehrerin hat meiner Freude am Geschichten schreiben schmerzhaft zugesetzt.

Heute ist Schreiben für mich viel mehr, als korrekte Wörter in schöne Sätze zu verpacken.

Das poesietherapeutische Schreiben ist ein machtvolles Werkzeug der Selbstentfaltung und deshalb ist das, was uns in der Schule schlechte Noten eingebracht hat, bedeutungslos.

Wenn ich blogge, oder Newsletter schreiben, brauche ich noch immer Hilfe bei der Korrektur. Ich sehe es schlicht weg nicht, ob da ein Buchstabe zu wenig oder zu viel ist oder zwei Buchstaben vertauscht sind. Zum Glück gibt es heute Korrekturprogramme.

Mit dem Rest habe ich zu leben gelernt.

Ich lass mir von Richtig oder Falsch meine Freude am Schreiben niiiiiiie mehr verderben.

„Jenseits von richtig und falsch, dort gibt es einen Ort, dort will ich dir begegnen.“

(Rumi)

Jenseits von richtig und falsch

Schreiben hilft, darüber gibt es unzählige wissenschaftliche Studien. In meinem Artikel „Schreiben mit dem Innere Kind“ habe ich darüber gebloggt.

Schreiben bringt die Seele zum Lächeln.

Schreiben hilft dir, deinen emotionalen Rucksack auszuräumen.

Schreiben schenkt Ungesagtem Gehör.

Schreiben bringt Unsagbares in Worte.

Schreiben, das von der Seele kommt, kennt kein Richtig und kein Falsch.

Es ist da. Und es darf aufs Papier. Das ist alles.

Aus dem Inneren

Silke Heimes, eine die sich schon lange mit therapeutischem Schreiben beschäftigt, gibt einen guten Hinweis:

Wenn ein Maler oder eine Malerin vor der weißen Leinwand steht, und der erste Strich müsste perfekt sein, dann wird es diesen ersten Strich NIE geben.

Genauso ist es beim Schreiben. Wer den Anspruch verfolgt, der erste Satz müsste bereits perfekt sein, wird nie ins Schreiben kommen.

Es ist egal, was da steht. Wie oft denkt sich eine, so ein Schmarrn, das interessiert ja niemanden und sie schreibt einfach weiter und weiter. Und im Vorlesen kommt sie dann drauf: Ah, das ist aber spannend! Das hab ich geschrieben?

Es gibt viele Techniken, um in den Schreibfluss zu kommen. Zum Beispiel kannst du zuerst mal einfach einige Kringel aufs Papier malen, Wörter, die dir gerade in den Sinn kommen hinein schreiben und die ersten Gedanken unzensiert niederschreiben.

„Der erste Satz wird ganz von alleine kommen, denn es stimmt wirklich, dass in jedem Augenblick in unserem Bewusstsein ein unbekannter Satz existiert, der nur darauf wartet, ausgesprochen zu werden“

André Breton 1924

Den Inneren Zensor ausschalten

Wir kenne sie alle, diese Stimme in uns, die uns weiß machen will, dass das Unsinn ist. Dass das zu wenig perfekt ist, dass das zu banal ist, dass …

Sag dieser Stimme, sie soll nur kurz mal draußen Platz nehmen, vor deiner Tür, wo du sie nicht hören kannst. Damit du ungehindert schreiben kannst. Später darf sie vielleicht wieder mitreden.

Wenn wir in der Gruppe schreiben, lade ich immer zum „kreativen Ungehorsam“ ein. Diese Wortkreation von der Schriftstellerin Renate Welsh liebe ich. Was bedeutet ungehorsam sein? In der Schule hieß es „Themenverfehlung“. Wie gut, dass wir uns davon befreit haben. Schreibimpulse sind eine Anregung. Manchmal trägt es uns ganz woanders hin, weil aus unserem Inneren etwas ganz anderes gehört werden will. Es ist doch wunderbar, wenn es sich zeigt und aufs Papier fließt.

Sharing & Caring

Und wenn ich das dann vorlesen muss?

Auch hier gilt: Denk nicht dran. Einfach drauf los schreiben. Es kann gut sein, dass dein Text sehr persönlich wird. Es ist in Ordnung, wenn eine nicht vorlesen mag.

Das Lesen ist ein Geschenk. Ein Geschenk an die Gruppe. Beim Zuhören entsteht Resonanz. Der Text schwingt in mir. Wir schenken einander unsere Empfindungen.

Durch das Laute lesen wird der Text „beatmet“ und erfährt dadurch noch mehr Tiefe. Wenn du für dich alleine schreibst, empfehle ich dir, auch manchmal deinen Text laut zu lesen. Du wirst merken, wie er lebendig wird und eine Resonanz in dir klingt.

„Denn mein Gedicht, wenn man’s nicht übelnimmt, War immer zuerst nur für mich bestimmt.“

Frank Wedekind (1864 – 1918)

Lust auf mehr?

Erzähl mir, von deinen Schreiberfahrungen. Brennt auch in dir eine Sehnsucht des Selbstausdrucks?

In meiner Arbeit fließt das Poesietherapeutische Schreiben nahezu überall ein, ob in der Herzensweg-Begleitung oder in den Workshops und Seminaren.

Eine der schönsten Verbindungen ist für mich das Schreiben in der Natur. Wenn wir draußen unterwegs sind, sind wir uns selbst näher. Im Gehen und Schreiben ankommen in dir, das bietet WALD-POESIE.


„Schreiben ist eine Art von Therapie; manchmal frage ich mich, wie jene Menschen, die nicht schreiben, komponieren oder malen, es fertigbringen, dem Wahnsinn, der Melancholie oder der panischen Angst zu entfliehen, die mit dem Menschsein verknüpft sind“

Graham Greene (1904-1991)

Zum Weiterlesen

  • Brigitte Leeser, 2011. Poetik der Walderfahrung – Quelle der Kraft, der Heilung und der Schönheit. FPI-Publikationen. online verfügbar.
  • Silke Heimes, 2015. Kreatives und therapeutisches Schreiben. 2015: Vandenhoeck & Ruprecht.
  • Silke Heimes, 2010. Schreib es dir von der Seele: Kreatives Schreiben leicht gemacht. 2010: Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.
  • Ilse Orth, 2015 Unsägliches sagbar machen. Heilkraft Sprache. FPI-Publikationen. online verfügbar.
  • Gabriele Rico, 1999. Von der Seele schreiben: Im Prozess des Schreibens den Zugang zu tiefverborgenen Gefühlen finden. Paderborn: Junfermann.

2 Antworten

  1. Liebe Barbara,
    dieser Blogbeitrag berührt mich sehr….Du bringst meinem Empfinden nach die wesentlichen Vorzüge des Schreibens so liebevoll auf den Punkt….und das weckt in mir die Lust, heute mal einen „Liebesbrief ans Schreiben/Journaling“ zu verfassen…..Meine Erfahrungen damit sind sehr tiefgreifend, denn für mich ist es ein Ausdrucksmittel….inhaltlich und auch graphisch, das mir zu Klarheit und Ausrichtung verhilft…..am liebsten beginne ich meine Morgenseiten mit dem Anfangsbuchstaben in groß des jeweiligen Wochentages….und notiere dann alles, was mit demselben beginnt…..spiralförmig z.B.von innen nach außen….usw….. schon bin ich Flow, gerate ich ins Schwärmen😉……DANKE💖 für Deine Anregungen!!!!

    Viele liebe Grüße,
    Dagmar

    1. Vielen Dank, liebe Dagmar, für deine netten Zeilen, für deine Anregungen und für das Teilen deiner Erfahrungen.
      Ja, wie formulierte schon die liebe Anne Frank: – „Keiner, der nicht selbst schreibt, weiß, wie toll Schreiben ist. Früher habe ich immer bedauert, dass ich überhaupt nicht zeichnen kann, aber jetzt bin ich überglücklich, dass ich wenigstens schreiben kann. Und wenn ich nicht genug Talent habe, um Zeitungsartikel oder Bücher zu schreiben, nun, dann kann ich noch immer für mich selbst schreiben.“ (Aus dem Tagebuch der Anne Frank)

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